Alexandros Rizos Rangavis (1809–1892), auch Rangabé, war einer der bekanntesten griechischen Dichter, Politiker und Diplomaten des 19. Jahrhunderts, der sich in besonderer Weise um die kulturelle und politische Vermittlung zwischen Griechenland und dem deutschsprachigen Raum verdient machte.
Geboren in Konstantinopel als Sohn einer phanariotischen Familie, erfuhr Rangavis seine Schulausbildung in Bukarest und Odessa und studierte ab 1826 mit einem Stipendium König Ludwigs I. an der Bayerischen Militärakademie (Kadettenkorps) München, von der er 1829 als Artillerieoffizier abging. Neben seiner militärischen Ausbildung besuchte er auch Seminare an der Universität München, wo er u. a. Thiersch und Schelling hörte.
Im Anschluss an seine Münchener Zeit ging Rangavis nach Griechenland, wo er zunächst im griechischen Heer diente und ab 1831 in verschiedenen staatlichen Funktionen tätig war, darunter als Beamter im Erziehungs- und Außenministerium (1831–1844), als Professor für Archäologie an der Athener Universität (1844–1867) und als Außenminister (1856–1859). Als renommierter griechischer Wissenschaftler und Politiker gehörte er bereits zu jener Zeit diversen deutschen Fachgesellschaften wie der Bayerischen und der Göttinger Akademie der Wissenschaften (seit 1845, 1857) an.
Ab 1867 wirkte Rangavis als griechischer Gesandter in Washington, Konstantinopel, Paris und schließlich in Berlin (1874–1887), wo er u. a. 1878 auf dem Berliner Kongress die griechischen Interessen vertrat. Wie aus dem Familienarchiv des griechischen Gesandten (Akademie von Athen) hervorgeht, war er in seiner Berliner Dienstzeit außerdem ein gefragter Ansprechpartner für die deutsch-griechische wissenschaftliche und kulturpolitische Zusammenarbeit und ein gefragter Griechenland-Experte in diversen Zeitungen und Zeitschriften.
Neben seiner wissenschaftlichen und politischen Arbeit entfaltete Rangavis seit den 1830er Jahren eine überaus produktive publizistische und literarische Tätigkeit und wurde zu einem der renommiertesten Vertreter der griechischen Romantik im In- und Ausland. In diesem Zusammenhang erwies er sich nicht nur durch sein eigenes literarisches und literaturkritisches Werk, sondern auch durch seine Übersetzungen Campes (1838, 1839, 1841, 1851), Schillers (1879), Lessings (1879) und Goethes (1885, 1889) als wichtiger deutsch-griechischer Vermittler.
Auf der anderen Seite war Rangavis äußerst erfolgreich darin, die Rezeption seines eigenen wissenschaftlichen und literarischen Werkes in Deutschland zu fördern, wofür er u. a. auf die Zusammenarbeit mit bewährten griechisch-deutschen Übersetzern und Kulturvermittlern wie Daniel Sanders, August Boltz, Adolf Ellissen und dessen Sohn Otto Adolf Ellissen setzte. Einen markanten Höhepunkt erfuhr diese Vermittlungspraxis während der Jahre, in denen Rangavis in Berlin als griechischer Gesandter wirkte. In dieser Zeit wurden nicht nur viele seiner literarischen Werke ins Deutsche übersetzt und in renommierten Zeitschriften wie dem Magazin für die Literatur des Auslandes besprochen, sondern auch einige seiner historischen Dramen auf deutschen Bühnen aufgeführt.
Abgesehen von der Vermittlung seines literarischen Werkes ließ es sich Rangavis auch angelegen sein, das ausländische Publikum mit der neugriechischen Literatur im Allgemeinen bekannt zu machen. Seine Geschichte der neugriechischen Literatur von ihren Anfängen bis auf die neueste Zeit (1884) stellte eine von Daniel Sanders besorgte Übersetzung und Überarbeitung der bereits 1877 von Rangavis veröffentlichten Histoire littéraire de la Grèce moderne dar.