Wilhelm Müller (1794-1827) war ein deutscher Dichter, Philologe, Literaturkritiker und Übersetzer, der sich aufgrund seiner regen Unterstützung des griechischen Freiheitskampfes schon zu Lebzeiten den Beinamen „Griechen-Müller“ erwarb.
Während Müllers Berliner Studienjahre (1812–1817) war er u. a. Schüler des berühmten Philologen Friedrich August Wolf. Im selben Zeitraum begann er sich unter dem Einfluss der entstehenden Germanistik für mittelalterliche Dichtung und Volksliteratur zu interessieren. Müllers Philhellenismus war auch ein Produkt dieser Lehrjahre, die sein Interesse auf den Zusammenhang von klassischem Kulturgut, lebendiger Volksüberlieferung und moderner Nationalliteratur lenkten.
Mit dem modernen Griechenland kam Müller erstmals 1817 in Kontakt, als er sich für zwei Monate in Wien aufhielt. Den Anlass bot eine geplante Forschungsreise nach Griechenland und Kleinasien, auf der Müller im Auftrag der Königlich Preußischen Akademie für Philosophie und Wissenschaften antike Inschriften kopieren sollte. Durch die Vermittlung des Berliner Gräzisten Philipp Buttmann knüpfte Müller in Wien Kontakt zum Herausgeberkreis der Zeitschrift Ερμής ο Λόγιος (Der Gelehrte Hermes), der ihn nicht nur in die Grundlagen des Neugriechischen einführte, sondern auch mit einer eigenen Anzeige für das Unterfangen des jungen Gelehrten warb.
Zurück in seiner Heimatstadt Dessau, entfaltete Müller als Philhellene ein beeindruckendes Spektrum an literarischen, publizistischen und übersetzerischen Tätigkeiten. Den bis heute bekanntesten Beleg dieser Tätigkeiten stellen die Lieder der Griechen dar, die zwischen 1821 und 1826 in dichter Folge erschienen. Diese gelten nicht nur bis heute als wichtigste Lyrik des deutschen Philhellenismus, sondern trugen in den 1820er Jahren auch maßgeblich zum Ruhm des Lyrikers Müller bei, der erst später für seine Gedichtzyklen Die schöne Müllerin und Die Winterreise bekannt wurde. Daneben trug Müller auch durch seine engagierte Presseberichterstattung dazu bei, das Interesse der deutschen Öffentlichkeit auf Griechenland zu lenken. In seinen Artikeln rezensierte und vermittelte er u. a. aktuelle Berichte aus Griechenland, z. B. über den Tod Byrons in Messolongi, und beschäftigte sich intensiv mit der griechischen Volkskultur. Sein besonderes Interesse galt dabei der Vermittlung der neugriechischen Volkslieder, die er im Geiste seiner Zeit als Dokumente des griechischen Nationalcharakters ansah. Müllers wichtigste Errungenschaft auf diesem Gebiet liegt zweifelsohne in der deutschen Übersetzung von Claude Fauriels Chants populaires de la Grèce moderne (1825).
In Griechenland selbst wurde Müllers Griechenlyrik bis in die jüngste Gegenwart nur spärlich rezipiert. Dafür ehrte man den deutschen Philhellenen am Ende des 19. Jahrhunderts, indem man eine Athener Straße, die „Οδός Μυλλέρου“, nach ihm benannte. Zeitgleich stiftete die griechische Regierung den Marmor für das von Hermann Schubert (1831–1917) entworfene Wilhelm-Müller-Denkmal, das 1891 in der Heimatstadt des Dichters enthüllt wurde. Auch an den Feierlichkeiten aus Anlass von Müllers 100. Todestag im Jahr 1927 beteiligte sich die griechische Regierung durch die Stiftung einer Gedenktafel und die Entsendung einer eigenen Delegation. Zu den Rednern der Dessauer Festveranstaltung gehörten u. a. der griechische Botschafter Efthymios Kanellopoulos sowie die griechischen Professoren Constantin Carathéodory und Ioannis Kalitsounakis.