Gustav Eduard Schaubert (1804–1860) war ein schlesischer Architekt, der in den Jahren von 1830 bis 1850 in Griechenland lebte. Dort zeichnete er sich vor allem durch seine vielseitigen Tätigkeiten im öffentlichen Dienst aus. Zusammen mit seinem griechischen Studienfreund und Arbeitskollegen Stamatios Kleanthis (1802-1862) entwarf er einen Stadtplan für Neu-Athen. Zusätzlich interessierte er sich besonders für die Archäologie und befasste sich im Zuge seiner Forschungen mit der Polychromie an antiken Tempeln und Skulpturen.
Schaubert studierte ab 1825 Baukunst an der Königlichen Bauakademie in Berlin. Als Schüler von Karl Friedrich Schinkel und Wilhelm Stier lernte er während des Studiums Kleanthis kennen. Im Jahr 1829 entschieden sich die beiden Architekten nach ihrem Abschluss und mit einem Empfehlungsschreiben von Wilhelm Stier für eine Studienreise, die sie nach Rom führte. Dort machten sie Bekanntschaft mit Karl Wilhelm von Heideck, der den beiden wiederum ein Empfehlungsschreiben für den griechischen Präsidenten Ioannis Kapodistrias mitgab. So führte sie ihre Reise weiter nach Ägina, der damaligen ersten Hauptstadt Griechenlands. Dort arbeiteten sie ab 1830 im öffentlichen Dienst an verschiedenen Bauprojekten.
Im darauffolgenden Jahr zogen Schaubert und Kleanthis nach Athen. Zu dieser Zeit war die Stadt aufgrund der kriegerischen Auseinandersetzungen von 1826/27 im Zuge des griechischen Unabhängigkeitskrieges stark zerstört. Die beiden Architekten führten auf Eigeninitiative eine detaillierte topografische Vermessung der Stadt durch und fertigten auf dieser Grundlage eine Karte von Athen an. Diese Karte spiegelte die bestehende Altstadt mit den antiken und byzantinischen Monumenten, die sie umgebende osmanische Mauer sowie das Umland mit den Landstraßen wider. Daraufhin erhielten die beiden im Mai 1832 von der provisorischen Regierung Griechenlands den Auftrag, einen neuen Stadtplan für Athen zu entwerfen. Dieser Entwurf sah eine Stadterweiterung Richtung Norden vor. Dadurch blieb die Altstadt im Süden unbebaut und konnte als archäologisches Ausgrabungsareal genutzt werden. Der Grundgedanke war die räumliche Nebeneinanderstellung von Altstadt und Neustadt. Schließlich wurde Athen im Jahr 1834 zur Haupt- und Residenzstadt Griechenlands erklärt. Im gleichen Jahr erhielt Leo von Klenze angesichts illegaler Neubautätigkeiten in der Altstadt, Bodenspekulation und der Standortwahl für die königliche Residenz von König Ludwig I. den Auftrag, den neuen Stadtplan für Athen von Schaubert und Kleanthis zu überarbeiten.
Die Zusammenarbeit der beiden Architekten endete infolge von finanziellen Auseinandersetzungen zum Jahresende 1834. Schaubert wurde Baudirektor des Landes sowie Ministerialrat im Ministerium des Inneren und widmete sich der archäologischen Forschung. Dabei war er als Beauftragter an der Restaurierung der Akropolis in Athen sowie in Zusammenarbeit mit Ludwig Ross und Hans Christian Hansen an dem Wiederaufbau des Tempels der Athena Nike auf der Akropolis beteiligt. Des Weiteren entdeckte und erforschte er die Spuren von Farbigkeit an antiken Tempeln und Skulpturen. Im Zuge des Septemberaufstandes von 1843 in Athen wurde auch Schaubert, wie alle Zuwanderer, aus dem öffentlichen Dienst entlassen. Seine letzte berufliche Tätigkeit folgte in den Jahren von 1845 bis 1848. In dieser Zeit beschaffte er Gipsabgüsse für die preußische Museumsverwaltung. Danach kehrte er im Jahr 1850 in seine Geburtsstadt Breslau zurück und widmete sich dem Studium des griechischen Altertums. Seine Antikensammlung sowie seinen schriftlichen und zeichnerischen Nachlass vermachte er dem Archäologischen Museum der Universität Breslau. Schauberts städtebaulicher Nachlass, der infolge der Wirren des Zweiten Weltkrieges lange Zeit als verschollen galt, wurde 1989 in Athen von Alexandros Papageorgiou-Venetas wiederentdeckt und in einer kritischen Edition vorgestellt (vgl. Παπαγεωργίου-Βενετάς, 1999 u. Papageorgiou-Venetas 2001).
Notiz: Der vorliegende Artikel ist im Rahmen des von Prof. Dr. Eleonora Vratskidou geleiteten Forschungsseminars Athen-München-Berlin: künstlerische Verflechtungen entstanden, das im Wintersemester 2019/2020 am Institut für Kunstwissenschaft und Historische Urbanistik der Technischen Universität Berlin durchgeführt wurde.