Otto Magnus Stackelberg

  • Veröffentlicht 16.11.20
25.07.1786,
  • Reval
— 27.03.1837,
  • Sankt Petersburg
  • Archäologe
  • Kunsthistoriker
  • Maler

Otto Magnus von Stackelberg (1786/87–1837) gilt als bedeutender Vertreter der frühen Generation der Altertumskundler. Zugleich trugen Stackelbergs Schriften und Zeichnungen zur modernen griechischen Gesellschaft zur Loslösung von der idealisierten klassizistischen Vorstellung Griechenlands bei, wie etwa in der Publikation Trachten und Gebräuche der Neugriechen (Berlin, 1831).

In Reval als Sohn des baltischen Barons Otto Christian v. S. und seiner Frau Anna Gertruda v. S. (geb. Drücker) geboren, besuchte er ab 1801 das Pädagogium in Halle und studierte dann ab 1803 Archäologie, Kunstgeschichte und Jura in Göttingen. Auf Wunsch der Mutter folgte ein Aufenthalt in Moskau, um Diplomat zu werden, welchen er aber im darauf folgenden Jahr abbrach. Der Diplomatenlaufbahn abgeneigt, begann Stackelberg das Kunststudium in Dresden (1808-1810). Im Anschluss daran trat er 1810 gemeinsam mit dem Archäologen Heinrich Tölken (1786–1869) eine Reise zu Fuß nach Rom an. Dort machte er die Bekanntschaft mit verschiedenen internationalen Gelehrten, denen er am 13. Juni desselben Jahres auf Expedition nach Griechenland folgte. Unter ihnen waren der fränkische Architekt Haller von Hallerstein (1774–1817), die dänischen Gelehrten Peter Oluf Bröndstedt (1780- 1842) und Georg Koës (1782–1811) sowie der württembergische Maler Jakob Linckh (1787–1841). In Athen angekommen, lernte er die englischen Architekten Charles Robert Cockerell (1788–1863) und John Foster (1787–1846) kennen.

Im Juli 1812 begann die Gruppe die Ausgrabungen am Apollotempel in Bassae, denen Stackelberg bis 1814 beiwohnte; er dokumentierte mit Zeichnungen und Tagebüchern die Befunde, die 1826 in Rom unter dem Titel Der Apollotempel zu Bassae in Arkadien und die daselbst ausgegrabenen Bildwerke publiziert wurden. Es handelt sich um die erste Veröffentlichung zur Neuentdeckung des Tempels und die Forschung um ihn. Die 23 freigelegten Platten des Innenfrieses mit der Darstellung der Amazonomachie und der Kentauromachie gelangten in Form von Kupferstichen in Umlauf. Die Platten selbst wurden 1814 für 300.000 Mark an das britische Museum verkauft (Barth/Kehring-Korn, 1960, 19).

Stackelbergs Interesse galt jedoch nicht nur der antiken Kunst und Architektur, sondern auch der modernen Kultur Griechenlands: 1825 erschien in Rom Costumes et usages des peuples de la Gréce moderne, eine Publikation, die sich mit Volkstrachten und Sitten der zeitgenössischen griechischen Gesellschaft beschäftigte. 1831 kam in Berlin die deutsche Version Trachten und Gebräuche der Neugriechen auf den Markt. Diese Zeichnungen erfuhren internationale Aufmerksamkeit und dienten u.a. als realitätsnahe Vorlagen für die zeitgenössische Kunst: „Vielleicht kann die Malerkunst, für welche sich die Neugriechischen Trachten mehr als andere eignen, in ihnen eine neue Anregung erhalten […]; vielleicht kann der Forscher bei seinen Untersuchungen durch Anschauung dieser Blätter einen Aufschluss finden“ (Stackelberg, 1831, 17). Des Weiteren veröffentlichte Stackelberg die Werke La Grèce: vues pittoresques et topographiques. Dessinées par O. M. Baron de Stackelberg (Paris, 1830) und Die Gräber der Griechen in Bildwerken und Vasengemälden (2. Auflage unter dem Titel Die Gräber der Hellenen, Berlin, 1837).

Seine Beobachtungen in Bezug auf das antike und moderne Griechenland bildeten einen wichtigen Antrieb zur Intensivierung der archäologischen Studien und zu einer realistischeren Betrachtung der modernen griechischen Kultur.

 

Notiz: Der vorliegende Artikel ist im Rahmen des von Prof. Dr. Eleonora Vratskidou geleiteten Forschungsseminars Athen-München-Berlin: künstlerische Verflechtungen entstanden, das im Wintersemester 2019/2020 am Institut für Kunstwissenschaft und Historische Urbanistik der Technischen Universität Berlin durchgeführt wurde.

Verwendete Literatur

Zitierweise

Patricia Bonsaver: «Otto Magnus Stackelberg», in: Alexandros-Andreas Kyrtsis und Miltos Pechlivanos (Hg.), Compendium der deutsch-griechischen Verflechtungen, 16.11.20, URI : https://comdeg.eu/artikel/95522/.