Karl Schefold

26.01.1905, Heilbronn - 16.04.1999, Basel

Archäologe, Universitätsprofessor, Ausgrabungsleiter

Karl Schefold (1905-1999) war ein Klassischer Archäologe.

Schefold wurde am 26. Januar 1905 in Heilbronn geboren. Er wuchs in Stuttgart auf und besuchte dort zeitgleich mit den Brüdern Alexander und Berthold Stauffenberg das Eberhard Ludwig-Gymnasium. Nach einem kurzen Studienaufenthalt in Tübingen wechselte er 1926 nach Heidelberg. Das Archäologische Institut mit seinem Leiter Ludwig Curtius, das geistige Umfeld der Universität und den Einfluss des George-Kreises empfand er als äußerst anregend und inspirierend.

In Heidelberg lernte Schefold seine spätere Frau Marianne von den Steinen (1906-1997) kennen, die ebenfalls eine Anhängerin von Stefan George war. Ihr Bruder Helmut von den Steinen (1890-1956) hielt sich in den 1930er Jahren in Griechenland auf und war dort bis zum Einmarsch der Wehrmacht als Übersetzer tätig.

1928 wechselte Schefold an die Universität Marburg, wo Paul Jacobsthal als sein Doktorvater wirkte. Dort lebte er gemeinsam mit dem Germanisten Rudolf Fahrner „zwei Jahre in einer fast klösterlichen Stille“ (Schefold, 2003, 62). 1930 schloss er seine Dissertation über die südrussischen Kertscher Vasen mit Auszeichnung ab.

Es folgte 1931 das „Reisestipendium“ des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI). 1933 wurde er Assistent am DAI Athen. Georg Karo, der damalige Direktor des DAI Athen, hielt sehr viel von Schefold und lobte ihn als „der beste Assistent, den ich in drei Jahrzehnten kennen gelernt habe“ (Quelle: Staatsarchiv Basel-Stadt Uni-Reg 5d 2-1 [2] 120, Georg Karo an Ernst Pfuhl [Zeugnis für Karl Schefold], 02.11.1935).

Schefolds Verbindung zu Marianne von den Steinen führte in der „deutschen Kolonie“ Athens zu Spannungen und politischen Intrigen. Sie hatte über ihre Mutter zwei „volljüdische“ Großeltern und galt deshalb nach den nationalsozialistischen Rassegesetzen als „Halbjüdin“ bzw. als „jüdischer Mischling ersten Grades“. Bereits 1933 hatte Karo, der selbst jüdischer Abstammung war, mögliche Unannehmlichkeiten durch Schefolds Verbindung mit Marianne von den Steinen befürchtet und in einem Brief an Theodor Wiegand, den Präsidenten des DAI in Berlin, geschrieben: „zum Glück [hat er] noch nicht geheiratet” (Quelle: DAI Berlin, Archiv der Zentrale, Nachlass Theodor Wiegand, Georg Karo an Theodor Wiegand, 05.07.1933).

Nach einigen Verzögerungen fand die lang ersehnte Hochzeit schließlich am 5. Februar 1935 in Athen statt. Eine Reihe von Freunden und Kollegen hatte vorher vergeblich versucht, das Paar auseinander zu bringen. Eine Trennung kam für Schefold jedoch zu keinem Zeitpunkt in Frage. Die Feier wurde von Karo ausgerichtet und Wilhelm Dörpfeld, der frühere Direktor des DAI Athen, schickte ihm aufmunternde Worte: „Hoffentlich geht es Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin gut. Ich grüsse Sie beide bestens.“ (Quelle: DAI Berlin, Archiv der Zentrale, Nachlass Wilhelm Dörpfeld, Wilhelm Dörpfeld an Karl Schefold, 04.07.1935). Eine Karriere im deutschen öffentlichen Dienst war jedoch nicht mehr möglich. Schefold beschloss deshalb, in die Schweiz zu emigrieren, um und dort seine Habilitation abzuschließen. Karo nahm diese Entscheidung durchaus positiv auf: „für nationalgesinnte, aber jüdisch belastete Deutsche [ist] es eine würdige Aufgabe […], in Basel […] für die deutsche Sache und gerade auch für das Neue Deutschland einzutreten“. Dennoch äußerte er auch Bedauern über Schefolds Weggang: „[…] eben sind Schefolds und Schuchhardt zusammen abgereist, Schefold geht direkt nach Basel, wo er schon dringend erwartet wird, sodass er den Dienstag eintreffenden Hampe nicht mehr abwarten konnte. Möchte ihm dort eine gute Laufbahn beschieden sein! Für uns hier und für mich persönlich ist sein Weggang wirklich ein Verlust, menschlich mindestens ebenso viel wie wissenschaftlich“ (Quelle: DAI Berlin, Archiv der Zentrale, Nachlass Theodor Wiegand, Georg Karo an Theodor Wiegand).

In Basel wirkte Schefold zunächst als Privatdozent, seit 1942, nach einer kritischen Übergangsphase, als außerordentlicher Professor und schließlich seit 1953 als ordentlicher Professor. Im Jahr 1975 wurde er emeritiert, blieb aber den archäologischen Institutionen in Basel bis zu seinem Lebensende eng verbunden.

Neben seiner Begeisterung für die griechische Antike und Stefan George charakterisierten Treue und persönlicher Einsatz seine Beziehungen zu Kollegen, Schülern und ehemaligen Weggefährten. So pflegte er über den Krieg hinweg einen intensiven Austausch mit dem Ehepaar Christos und Semni Karouzos. Seine Bücher „Orient, Hellas und Rom“ (Schefold, 1949) und „Die Griechen und ihre Nachbarn“ (Schefold, 1967) trugen wesentlich zu einer Entspannung und Verbesserung der Beziehungen zwischen deutschen und griechischen Archäologen bei.

Seine guten Kontakte in Griechenland führten dazu, dass ihm 1962 die Ausgrabung von Eretria überlassen wurde. Hierzu äußerte sich Vassilis Petrakos, Generalsekretär der Archäologischen Gesellschaft von Athen, in einer E-Mail vom 17.04.2018: „Ich weiß, dass Karouzos ihn sehr schätzte und ihm deshalb 1964 die Ausgrabung von Eretria gegeben wurde.“

1971 wurde Schefold von der Universität Thessaloniki zum Ehrendoktor ernannt. Dazu schrieben die „Basler Nachrichten“ vom 11.10.1971: „Man darf sich über diese verdiente Auszeichnung an der Stätte des Wirkens des Geehrten um so mehr freuen, als die Hochschule von Thessaloniki im Gegensatz zu derjenigen von Athen auch unter dem jetzigen Regime ihre Freiheit bewahrt hat!“ (Quelle: Staatsarchiv Basel-Stadt Uni-Reg 5d 2-1 [2] 120). Zu seinen Schülern zählten die griechischen Archäologen Nikolaos Jalouris und Dimitris Bosnakis.

 

Verwendete Literatur

Briefe aus dem Exil: Karl Lehmann und Karl Schefold im Jahr 1945
Alexandra Kankeleit (Autor*in)
2020
Die Antike als ethische Verpflichtung. Letzter Botschafter des gesamten Altertums: Zum Tode des großen Archäologen Karl Schefold
L. Giuliani (Autor*in)
21.04.1999
Karl Schefold 1905-1999
Bruno Pieger (Autor*in)
2001
Karl Schefold in memoriam
Umberto Pappalardo (Autor*in)
2000
Karl Schefold
Henri Metzger (Autor*in), J. M. Moret (Autor*in)
1999
Zur Wirkung Stefan Georges in der Klassischen Archäologie
Adolf Borbein (Autor*in), Bernhard Böschenstein (Herausgeber*in), Jürgen Egyptien (Herausgeber*in), Bertram Schefold (Herausgeber*in), Wolfgang Vitzthum (Herausgeber*in)
2005
Antike Kunst und Vereinigung der Freunde antiker Kunst verlieren einen ihrer Gründerväter. Zum Tod von Prof. Dr. h. c. Karl Schefold
Rolf A. Stucky (Autor*in)
1999
Die Dichtung als Führerin zur Klassischen Kunst. Erinnerungen eines Archäologen
Karl Schefold (Autor*in), Martha Rohde-Liegle (Herausgeber*in), Dian Schefold (Herausgeber*in), Reimar Schefold (Herausgeber*in), Bertram Schefold (Herausgeber*in)
2003
Die Griechen und ihre Nachbarn
Karl Schefold (Herausgeber*in)
1967
Eretria. Untersuchungen im Frühjahr 1964
Karl Schefold (Autor*in)
1964
Führer durch Eretria
Karl Schefold (Autor*in), Paul Auberson (Autor*in)
1972
Herbert A. Cahn achtzigjährig, Karl Schefold neunzigjährig
Dietrich Willers (Autor*in)
1995
Karl Schefold, 26.1.1905–16.4.1999
Paul Zanker (Autor*in), Bayerische Akademie der Wissenschaften. Historische Kommission (Herausgeber*in)
1999
Karl Schefold
Margot Schmidt (Autor*in)
2000
Larisa am Hermos: Die Ergebnisse der Ausgrabungen 1902-1934
Karl Schefold (Autor*in), Johannes Boehlau (Autor*in), Ake Åkerström (Autor*in), Lennart Kjellberg (Autor*in), u.a. (Autor*in)
1940-42
Orient, Hellas und Rom in der archäologischen Forschung seit 1939
Karl Schefold (Autor*in)
1949
Untersuchungen zu den Kertscher Vasen
Karl Schefold (Autor*in)
1934
Wirkungen Stefan Georges auf drei neuen Wegen der klassischen Archäologie
Karl Schefold (Autor*in)
1986

Zitierweise

Alexandra Kankeleit, »Karl Schefold«, in: Alexandros-Andreas Kyrtsis und Miltos Pechlivanos (Hg.), Compendium der deutsch-griechischen Verflechtungen, 16.08.2022, URI: https://comdeg.eu/artikel/111690/.

Metadaten

Artikeltyp Person
Index Karl Schefold
GND-Referenz Schefold, Karl (118754289)
Verfasser*in Alexandra Kankeleit
Lizenz CC BY-NC-ND 4.0
Sprache Deutsch

Nachweise in der Bibliographie

Kambas, Chryssoula: „Athen und Ägypten. Helmut von den Steinen, Übersetzer von Kavafis“, in: Kambas, Chryssoula und Marilisa Mitsou (Hrsg.): Hellas verstehen: Deutsch-griechischer Kulturtransfer im 20. Jahrhundert, Köln: Böhlau 2010, S. 289–328.
Chryssoula Kambas (Autor*in), Chryssoula Kambas (Herausgeber*in), Marilisa Mitsou (Herausgeber*in)
2010
Stucky, Rolf A. (1999): Antike Kunst und Vereinigung der Freunde antiker Kunst verlieren einen ihrer Gründerväter. Zum Tod von Prof. Dr. h. c. Karl Schefold. In: Antike Welt 30 (4), S. 71.
Rolf A. Stucky (Autor*in)
1999
Kankeleit, Alexandra. “Karl Schefold.” In Compendium Der Deutsch-Griechischen Verflechtungen, edited by Alexandros-Andreas Kyrtsis and Miltos Pechlivanos, August 16, 2022. https://comdeg.eu/artikel/111690/.
Alexandra Kankeleit (Autor*in), Alexandros-Andreas Kyrtsis (Herausgeber*in), Miltos Pechlivanos (Herausgeber*in)
16.08.2022
Schefold, Karl (1986): Wirkungen Stefan Georges auf drei neuen Wegen der klassischen Archäologie. In: Castrum Peregrini 36 (173/174), S. 72–97.
Karl Schefold (Autor*in)
1986
Borbein, Adolf. “Zur Wirkung Stefan Georges in Der Klassischen Archäologie.” In Wissenschaftler Im George-Kreis. Die Welt Des Dichters Und Der Beruf Der Wissenschaft, edited by Bernhard Böschenstein, Jürgen Egyptien, Bertram Schefold, and Wolfgang Vitzthum, 239–57. Berlin: De Gruyter, 2005.
Adolf Borbein (Autor*in), Bernhard Böschenstein (Herausgeber*in), Jürgen Egyptien (Herausgeber*in), Bertram Schefold (Herausgeber*in), Wolfgang Vitzthum (Herausgeber*in)
2005
Schefold, Karl: „Christos Karusos’ Aesthetik“, in: Αρχαιολογικόν Δελτίον 24 (1969), S. 230–239.
Karl Schefold (Autor*in)
1969
Kankeleit, Alexandra. “Briefe Aus Dem Exil: Karl Lehmann Und Karl Schefold Im Jahr 1945.” Antike Kunst 63 (2020): 69–92. https://www.kankeleit.de/pdfs/AntK2020_akankeleit.pdf.
Alexandra Kankeleit (Autor*in)
2020
Giuliani, L. “Die Antike Als Ethische Verpflichtung. Letzter Botschafter Des Gesamten Altertums: Zum Tode Des Großen Archäologen Karl Schefold.” Frankfurter Allgemeine Zeitung, April 21, 1999.
L. Giuliani (Autor*in)
21.04.1999
Schefold, Karl. Die Dichtung Als Führerin Zur Klassischen Kunst. Erinnerungen Eines Archäologen. Edited by Martha Rohde-Liegle, Dian Schefold, Reimar Schefold, and Bertram Schefold. Hamburg: Verlag Dr. Kovač, 2003.
Karl Schefold (Autor*in), Martha Rohde-Liegle (Herausgeber*in), Dian Schefold (Herausgeber*in), Reimar Schefold (Herausgeber*in), Bertram Schefold (Herausgeber*in)
2003
Schefold, Karl, ed. Die Griechen Und Ihre Nachbarn. Propyläen Kunstgeschichte 1. Berlin: Propyläen Verlag, 1967.
Karl Schefold (Herausgeber*in)
1967
Schefold, Karl. “Eretria. Untersuchungen Im Frühjahr 1964.” Antike Kunst 7 (1964): 102–5.
Karl Schefold (Autor*in)
1964
Schefold, Karl, and Paul Auberson. Führer Durch Eretria. Bern: Francke, 1972.
Karl Schefold (Autor*in), Paul Auberson (Autor*in)
1972
Schefold, Karl, Johannes Boehlau, Ake Åkerström, Lennart Kjellberg, and u.a. Larisa Am Hermos: Die Ergebnisse Der Ausgrabungen 1902-1934. Berlin: Verlag Walter de Gruyter & Co., 1940.
Karl Schefold (Autor*in), Johannes Boehlau (Autor*in), Ake Åkerström (Autor*in), Lennart Kjellberg (Autor*in), u.a. (Autor*in)
1940-42
Schefold, Karl. Orient, Hellas Und Rom in Der Archäologischen Forschung Seit 1939. Bern: Francke, 1949.
Karl Schefold (Autor*in)
1949
Schefold, Karl. “Paul Jacobsthal (1880-1957), Archäologe.” In Marburger Gelehrte in Der Ersten Hälfte Des 20. Jahrhunderts, edited by Ingeborg Schnack, 35:228–39. Veröffentlichungen Der Historischen Kommission Für Hessen in Verbindung Mit Der Philipps-Universität Marburg. Marburg: N.G. Elwert, 1977.
Karl Schefold (Autor*in), Ingeborg Schnack (Herausgeber*in)
1977
Schefold, Karl. Untersuchungen Zu Den Kertscher Vasen. Leipzig: Walter de Gruyter & Co., 1934.
Karl Schefold (Autor*in)
1934

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