Wolfgang Cordan (1909–1966), eigentlich Heinrich Wolfgang Horn, war ein deutscher Schriftsteller, der 1948 eine Auswahl der Gedichte von Konstantinos Kavafis besorgte. Wie die Kavafis-Übersetzer Helmut von den Steinen und Walter Jablonski stand auch er dem George-Kreis nahe.
Der Sohn eines höheren Beamten aus Berlin absolvierte das traditionsreiche Naumburger Internat Schulpforta und offenbarte bereits zu dieser Zeit ein ausgeprägtes Interesse für alte und neue Sprachen. Anschließend studierte er in seiner Heimatstadt Klassische Philologie, Philosophie und Musikwissenschaft. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten emigrierte er zunächst nach Paris, wo er in der sozialistisch-surrealistischen Künstlerszene verkehrte und sich den Künstlernamen Wolfgang Cordan zulegte. Von dort aus zog er weiter nach Amsterdam, wo er in engen Kontakt zu dem George-Kreis um Wolfgang Frommel trat und sich nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht dem niederländischen Widerstand anschloss.
Nach dem Zweiten Weltkrieg unternahm Cordan zwischen 1948 und 1952 ausgedehnte Reisen durch den Mittelmeerraum, die ihn u. a. nach Griechenland führten. Seine Eindrücke dokumentierte er in diversen Essays, Erzählungen und Gedichten sowie 1953 in dem Bildband Das Mittelmeer. In den folgenden Jahren fanden Cordans volkskundlich-archäologisch-literarische Betätigungen in Mexiko eine Fortsetzung, wo er sich ab 1954 dauerhaft niederließ.
Die Entstehung von Cordans Kavafis-Übersetzungen fällt in die Zeit seines niederländischen Exils, in der sich Cordan u. a. als Zeitschriftenredakteur und Übersetzer niederländischer bzw. flämischer und französischer Lyrik um die europäische Literaturvermittlung bemühte. Cordans Hinwendung zu Kavafis steht vermutlich in Verbindung mit seinem Anschluss an den Amsterdamer George-Kreis. Der Band Der Wein der Götter bildete den zehnten und damit letzten Band der von ihm 1947 ins Leben gerufenen Reihe „Kentaur-Druck“ und erschien in einer limitierten Aufgabe von lediglich 80 Exemplaren. Die Sammlung umfasst 24 Gedichte aus der Schaffensperiode von 1897–1918 und legt ein deutliches Schwergewicht auf die homoerotischen Aspekte in der Lyrik des Alexandrinischen Dichters. In druckgrafischer Stilisierung, Interpunktion, Syntax und Vokabular seiner Übersetzungen zeigt sich Cordan laut Kambas (2010, 290) und Biza (2017, 41–43) dem lyrischen und übersetzerischen Vorbild Stefan Georges verpflichtet. Cordan selbst bekundet im Vorwort der Sammlung die Bekanntschaft mit den Kavafis-Übersetzungen Helmut von den Steinens, den er neben dem niederländischen Gräzisten Gerard Hendrik Blanken (1902–1986) zu den besten europäischen Kavafis-Kennern zählt.
In seiner Übersetzungspraxis grenzte sich Cordan „insofern von den genannten ab als er bis zur härte der eigenwilligen diktion unseres dichters gefolgt ist“ (Kavafis, 1947). In seinen autobiographischen Aufzeichnungen Die Matte (Erstveröff. 2003) wird Cordan später seine Verärgerung darüber kundtun, dass die „stockrige Übersetzung von Helmut von den Steinen, die in einem deutschen Verlag in Auswahl erschienen ist“, durch Wendungen aus seiner eigenen Übersetzung „geglättet“ wurde: „Seit ich in den dreißiger Jahren in A. Am. M. Stols Lyrikheften die ersten Übersetzungen sah, habe ich jahrelang und immer wieder um den gemäßen Ausdruck gerungen. Mit dem holländischen Gräzisten G. H. Blanken, der recht gut übertrug, habe ich zusammengesessen und manchmal um ein einziges Wort gefeilscht. Und dann treibt man die Unredlichkeit bis in die Bibliografie, wo kein Wein der Götter erscheint. Aber von den Steinen gehörte zum ‚Kreis‘. Ich nicht.“ (Cordan, 2003, 282) Inwiefern Cordans Kavafis-Übersetzungen tatsächlich in diejenigen von den Steinens eingegangen sind und zu welchem Grad Cordan selbst seine Übersetzungen aus dem Original, nach niederländischen oder anderen fremdsprachigen Vorlagen anfertigte, ist bislang noch nicht eingehender untersucht worden.