Von Frankfurt nach Athen: Wie Kosmas Psychopedis „Kritische Theorie“ liest

Von Gerasimos Kouzelis | Zuletzt bearbeitet 18.02.2021

Welche Gestalt weist das geistige Terrain in Griechenland auf, das sich mit der „Kritischen Theorie“ verbunden weiß? An welche Art Bezugspunkte knüpft die mittlerweile zahlreich gewordene Gruppe griechischer Akademiker und Forscher an, die aus dem von der Frankfurter Schule Geleisteten schöpfen? Auf welche Weise hat Kosmas Psychopedis Einfluss auf die Übernahme und Neuinterpretation dieser Tradition ausgeübt, als er sie vom deutschen auf das kulturelle und akademische Umfeld Griechenlands übertrug? Worin sind die Schlüsselelemente einer solchen Neuinterpretation zu sehen? Wie manifestiert sich in Psychopedis‘ eigenen Texten seine besondere, prononciert kantianische Lesart des zentralen Werkbestands der Frankfurter Schule, vor allem der Werke Adornos? Wie kommt es auf der Grundlage dieser spezifisch orientierten Rezeption zu einer besonderen, mit der Akzentuierung auf Werten verbundenen, philosophischen, aber auch politischen Haltung, die dem Irrationalismus und seinen griechischen akademischen Varianten mit Polemik entgegentritt? Welche Bedeutung kommt dem von Psychopedis gepflegten Engagement für aufklärerische und radikal emanzipative Rahmensetzungen zu, und wie schlug sich dieses in seiner wissenschaftlichen Arbeit insgesamt nieder?

Inhalt

Für uns alle, die wir das Glück hatten, mit ihm zusammenzuarbeiten und Gelegenheit mit ihm ausführlich über Thesen, Argumente, Texte und Traditionen zu diskutieren, stellte Kosmas Psychopedis eine ganz außergewöhnliche Denkerexistenz dar. Außergewöhnlich nicht nur wegen seiner intellektuellen Brillanz, die auf jedes Gespräch elektrisierend wirkte, noch bloß aufgrund seiner sofort erkennbaren und uns allen, die mit ihm Umgang hatten, so vertrauten Gaben wie sprühendes Denkvermögen, breite Bildung, Systematik des geistigen Arbeitens (gleichgültig, ob es sich dabei um kritische Textlektüre, dem folgen von Debatten oder um schriftliche bzw. mündliche Exposition seiner Ideen handelte) und, nicht zuletzt, sein Humor. Als so außergewöhnlichen Denker charakterisierte ihn in erster Linie, dass die Art seines Reflektierens und Argumentierens, die stets (und stets von neuem) auf eine Aufhebung der Distanz zwischen Theorie und daraus zu ziehender praktisch-politischer Konsequenz abzielte, interventionistisches Eingreifen nahelegte und dies bis heute tut. Vielleicht ist es eben dieses Band, das Psychopedis und die „Kritische Theorie“ am festesten miteinander verbindet – vor allem in ihrer frühen Ausprägung, für die der interventionistische Charakter der Theorie (als Haltung wie auch als „Verhalten“) das Unterscheidungsmerkmal per se gegenüber der „traditionellen“ Rückführung philosophischer Erkenntnis auf bestätigende Vergewisserung und Reproduktion von Gegebenheiten darstellt. (s. Horkheimer, 1970.1, 27 ff.) Dem Beispiel dieser Schule folgend, die sich mit einem Forschungsinstitut, (zunächst nur) einer Universitätsprofessur, einer Fachzeitschrift und vor allem mit einem teils engeren, teils größeren Kreis an Mitarbeitern und Gesprächspartnern zusammenschloss, die neben gemeinsamen Untersuchungsprojekten ein gemeinsames Interesse an gesellschaftlicher Emanzipation pflegten, richtete auch Psychopedis von Anfang an (und dies auf ganz eigene Weise) all sein Bemühen darauf, die materiellen und politischen Rahmenbedingungen für die – und sei es nur partielle – Etablierung eines „Paradigmas“ sicherzustellen. Dabei war ihm ein unentwegtes und vielschichtiges Engagement unabdingbare Voraussetzung.

Schon seit der Zeit, als er in Frankfurt an seiner Dissertation arbeitete, richtete Psychopedis seine theoretische Forschungsarbeit darauf aus, denkerisch wie politisch präsente Kollektivität sicherzustellen. Wie danach weiter in Göttingen, dachte und arbeitete er stets auch auf der Grundlage von Gesprächen im Kreis theoretisch interessierter Studenten, die er als atypisch gestaltete Seminarveranstaltungen organisierte. Trotz des eigentlich (auto)pädagogischen Lehrveranstaltungscharakters, behielten diese Diskussionskreise, sowohl für die Teilnehmer wie auch für die entsprechende griechische Gemeinde, stets das Element politischen Zusammenfindens. Dabei übernahm Psychopedis die Funktion eines moderierenden Supervisors und wegweisenden Lehrers, dessen aus Kant und Marx hervorgegangener Kosmos theoretischer Probleme sich zwar schrittweise weiterentwickelte, aber dabei stabil an einer Achse orientiert blieb, welche vom deutschen Idealismus zur Kritik der politischen Ökonomie und von den klassischen methodologischen Auseinandersetzungen um die Anfänge der Gesellschaftswissenschaften hin zur Kritik an aktuellen Formen eines Szientismus führte, der für antirationalistische Dekonstruktion stand. Um die Eigenart dieses Konstitutivums deutlich werden zu lassen, genügt es daran zu denken, dass solch ein Konnex zwischen Theorie und Politik auch in umgekehrter Richtung Geltung behält: entsprechend seiner mit Nachdruck unterstrichenen Auffassung intervenierte Psychopedis in den Jahren und unter den Gegebenheiten der Zeit nach der Militärdiktatur mit der Etablierung seiner eben angeführten seminarartigen Zirkel insofern politisch, als er diese ausdrücklich als vollinhaltlich politische Handlung deklarierte. Gleiches galt für seine Aufnahme philosophischer Forschungsinitiativen – auch sie folgten der Logik eines sich durch Begriffsarbeit vermittelten politischen Engagements. Dieselbe Vorgehensweise kennzeichnete auch seinen weiteren intellektuellen und besonders universitären Weg nach der Rückkehr nach Athen im Jahre 1981. Hauptanliegen blieb für ihn der Aufbau einer kritisch denkenden Kommunität auf den Feldern Philosophie und Theorie der Sozialwissenschaften, und zwar einer Kommunität, die in Einklang mit dem Projekt,1 ebenso mit dem historischen Ordnungsschema der Begründer der „Kritischen Theorie“,2 ferner (unter Einbezug der jeweiligen Zielsetzungen der Theorie auf der Grundlage der Auswirkungen und ideologischen Funktion ihrer Positionen) die philosophische Tradition als Ganzes nutzte und würdigte, um damit Instrumente zur Erfassung und Überwindung der Widersprüche der Gegenwart bereitzustellen. Diese politische Haltung erlegte es Psychopedis auf, permanent die Rolle dessen zu übernehmen, der einlud (Referenten, Gesprächspartner) und zugleich provozierte (Diskussionen und Streitgespräche nach deutschem Vorbild) – auch hier wieder vorwiegend in der Form eines informellen Forschungsseminars bzw. eines Kreises, der sich im Rahmen der Herausgabe der Zeitschrift Axiolojika zusammenfand. Beides hatte seine Stütze in einer Persönlichkeit, die Schülern wie Mitarbeitern aufrichtige Großzügigkeit, zugleich aber auch Strenge entgegenbrachte, wenn es um theoretische Arbeit und philosophisch-politische Thesen ging, die kritisch beleuchtet werden sollten.

Im letztgenannten Sinne hatte sich Psychopedis auf dem Feld theoretischer Tätigkeit und akademischer Öffentlichkeit in Griechenland mit besonderem Kampfeseifer bewegt. Und das bezog sich nicht nur auf die innere Zusammensetzung des Schüler- und Mitarbeiterkreises. Für diesen galt, was wir auch von seinem Vorbild, den entsprechenden Zirkeln im deutschsprachigen Raum her kennen (informelle wie fest institutionalisierte Seminare für diejenigen, die mit einer Abschluss- oder Doktorarbeit beschäftigt waren und in denen in der Regel auch Lehrkräfte mit gemeinsamem Interessenhorizont zusammenfanden): Schritt um Schritt wuchs ihnen häufig der Charakter einer „Schule“, einer genuinen wissenschaftlichen Gemeinschaft zu. Im Falle des berühmten „Donnerstag-Seminars“ und des AxiolojikaTeams war die Richtachse, die Psychopedis – zumindest für den engeren Kreis – etablierte und an der er als nicht verhandelbarem Orientierungsmaßstab im Kampf um eine „Politik innerhalb der Begriffe“3 festhielt, diejenige des Vorrangs der Werte-Begründung, einer Achse deren schärfste Auslegung in ihrer negativen Form lag, nämlich als Anti-Relativismus. Wie diese klar zwischen Verbündeten und Gegnern unterscheidende Negativdefinition unterschwellig signalisierte, war die argumentative Kampfbereitschaft vornehmlich auf die Art und Weise dessen ausgerichtet, was man in der (im Übrigen so sehr ganz eigenen) politisch-akademischen Öffentlichkeit Griechenlands unter Intervention verstand.

Angesichts mancher Eigentümlichkeiten, die vielleicht noch nicht ausreichend kommentiert worden sind (s. Karydas 2018, 192 ff.) und Psychopedis als Verfälschungen ständig beschäftigten, die gleichermaßen der Toleranz des kritischen Denkens wie seinem Zurückweichen vor den egalisierenden, manchmal auch in die Irre führenden Einflüssen eines scheinbar „modernen“ philosophischen und sozialwissenschaftlichen Diskurses anzulasten sind,4 machte sein Engagement für das Werte-Programm sein eindeutiges und nachhaltig präsentes Eintreten für die Prinzipien und Thesen erforderlich, die sich (hauptsächlich über das in seinen Seminaren Erprobte und Erarbeitete) im antirelativistischen Diskurs herausgebildet hatten. Sein Anspruch, überall dort, wo über Dinge beratschlagt oder gestritten wurde, bei denen sich für ihn die Gelegenheit bot, Argumente auszubreiten, die sich dem entgegenstellten, was er unter Dogmatismus, Relativismus oder sonstiger Irrationalität verstand, war sprichwörtlich. In gleicher Weise ist seine ständige Präsenz bei Initiativen zu würdigen, derartige Veranstaltungen zu organisieren – charakteristisch z.B. bei der Zusammenarbeit mit dem Athener Goethe-Institut und wenn es um Themen ging, die in Bezug zu „Diagnosen“ der jeweiligen Aktualität der Theorie standen. Abgesehen von bedeutsamen Positionswechseln, die auf eigene Akzentuierungen innerhalb der philosophischen und sozialwissenschaftlichen Tradition zurückgingen,5 ebenso abgesehen von der letztlich bestimmenden Einfärbung, die er ihnen durch markante Hervorhebung und Priorität von Werten verlieh, erstellte Psychopedis die Programmatik seiner philosophisch-theoretischen Intervention im Rückgriff auf das, was Horkheimer und (vor allem) Adorno als ihre „Kritische Theorie“ entwickelt hatten. Er agierte als „Übersetzer“ dessen, was sich von dem Œuvre der beiden Theoretiker (geprägt von der Atmosphäre einer totalen Herrschaft in der Dialektik der Aufklärung) als Baustein für ein zeitgemäß aufklärerisches und emanzipatives Programm wiederverwenden ließ. Betrachten wir drei zentrale, untereinander verbundene Kernpunkte dieses Gesamtgefüges:

Kritik

Wir befinden uns im Herrschaftsbereich der Kritik. Sie ist für die hier apostrophierten Autoren eine gemeinsam akzeptierte Grundgegebenheit und bezieht sich auf die gesamte intellektuelle Produktion, die die Moderne flankiert. Schon die kantsche Tradition etabliert Parameter zur Überprüfung der Möglichkeiten der Erkenntnis samt ihren Wegen und Ausweglosigkeiten und zeigt eine Methode auf, mit deren Hilfe dogmatisch vorgefassten Urteilen zugunsten solcher vorgebeugt werden kann, die innerhalb festdefinierter Rahmenbedingungen formuliert werden. Sowohl für die zentralen Autorengestalten der „Kritischen Theorie“ wie für Psychopedis bleibt das jeweils konkrete (kantsche) Moment innerhalb des kritischen Denkmodells von emblematischer Bedeutung, weil es in dieses Programm ein entsprechend ausformuliertes Projekt der Aufklärung integriert. Mit Sicherheit handelt es sich für die besagten Autoren und ebenso für Psychopedis beim folgenden Schritt um einen, der den entscheidenden Wendepunkt für die Entwicklung eines schlüssigen Plans zur Umgestaltung der gesellschaftlichen Realität abgibt – als Kontrapunkt zum theoretischen Postulat einer Rekonstruktion der Bedingungen des Begreifens dieser Realität von Innen. Die Marxsche Kritik hat gleichzeitig den Zustand der Verhältnisse, deren alltägliche Erscheinungsformen und die Interpretationsversuche theoretischerseits als drei sich überschneidende Linien zum Gegenstand. Sie macht eine für unsere Autoren definitive Grundausstattung ihrer Kritik sichtbar, die zwei Schnittpunkte problematisiert: ihre Verwurzelung in der Dialektik des antinomischen Zustands des gesellschaftlichen Beziehungsgefüges einerseits und der Dialektik des doppelten, d.h. individuellen und sozialen Standpunkts bei der analytischen Überprüfung dieses Gefüges andererseits. Im Gegensatz dazu wird die Reduktion des kantschen Denkmodells auf ein Korrektursystem bzw. ein der politischen Dimension emanzipativer Postulate entrücktes erkenntnistheoretisches Problem ein Ergebnis zeitigen, das nur als Abwertung und irritierende Verkürzung wahrgenommen werden kann. Eine besonders charakteristische Variante dieses sich selbst aufhebenden Konzepts wäre Poppers Falsifizierungstheorie, die allen Umgang mit der Kritik darauf reduziert, die Grenzen der Gültigkeit einer Hypothese abzustecken, und damit gewissermaßen einen Überprüfungs-Fetischismus heranzuzüchten. Adornos aus dem sogenannten „Positivismus-Streit“ bekannte Gegnerschaft zum Kritischen Rationalismus stellte einen entscheidenden Kernfaktor auf dem Weg zur Heranbildung der Kritischen Theorie dar.

Für die „Frankfurter Schule“ bedeutete sie eine anspruchsvoller definierte Neuformulierung der „Gegenattacke“, die Horkheimer bereits zu Beginn der 30er Jahre gegen den Positivismus als theoretisches und politisches Programm geritten hatte (Bestätigung, Anerkennung und Akzeptanz des Existierenden als einzig mögliche Option).6 Adornos Schärfe in diesem Streit – sichtbar auch daran, dass er Popper unterschiedslos als Repräsentanten des „Positivismus“ in Anspruch nimmt, den dieser sonst mit entschiedenem Nachdruck destabilisiert hatte – wird verständlich, wenn wir seinem vorgegebenen Hintergrund auch seine Amerikaerfahrung, nämlich die Bestätigung der Monopolstellung eines Szientismus, hinzufügen, wie sie sich in den philosophischen und methodologischen Präferenzen tonangebender sozialwissenschaftlicher Beispiele abbildete. (s. Adorno 1969) Und wie sonst auch: Die „Kritische Theorie“ wählt ihre Gegner und ebenso ihren Konfrontationsstil danach aus, wie gefährlich die Thesen dieser Gegner und deren Einfluss jeweils sind.

Für jemand, der nach Errichtung der Militärdiktatur in Griechenland während der wegen 1968 so bedeutsamen Jahre in Frankfurt Philosophie und Sozialwissenschaften studiert und sich, wie Psychopedis, dafür entschieden hat, sich im Umfeld der dortigen „Schule“ und dazu noch von Adorno als „Lehrer“ der Philosophie und Sozialwissenschaften ausbilden zu lassen,7 erweist sich die Konfrontation mit dem Positivismus und seiner Popper‘schen Spielart als Konstante des theoretischen Alltags. Noch für mindestens 20 Jahre nach seiner Austragung (1961) zählte nämlich an deutschen Universitäten der „Positivismus-Streit“ zum selbstverständlichen Lehrstoff eines sozialwissenschaftlichen Studiums, welches dem damaligen Zeitgeist entsprechend „emanzipatorisches Erkenntnisinteresse“ (Habermas, 1974, 155) und dessen Pflege nachdrücklich zum Kern seiner Identität machte. Doch Psychopedis teilt noch aus einem zusätzlichen Grund Adornos Standpunkt, den kritischen Gehalt einer Epistemologie der Falsifikation in Frage zu stellen: Wie Popper David Hume mit eigenem terminologischem Instrumentarium erneut ins Gespräch bringt, der mit seiner Unterscheidung zwischen Sein und Sollen als methodologischem Zentralpostulat den Übergang von Feststellung zu deontologischer Beurteilung ausschließt, so schneidet er nun das strittige Thema der Wertfreiheit Webers an. Adornos Antwort fällt natürlich mit entsprechender Schärfe aus, indem er ein weiteres Mal das kritische Programm als etwas dieser Forderung vollkommen Entgegenstehendes ausformuliert. Damit bereits zum Zentrum dessen vorgestoßen, was Kritik bedeutet, zu dem also, worum es natürlich bei dieser Auseinandersetzung geht, kommt Psychopedis, wie wir im Folgenden sehen werden, dem Thema auf die Spur, das seine eigenen theoretischen Frontlinien ausmachen sollte: die Werte. Diese Zuflucht zum Thema „Werte“ schließt sich jenen inhaltlichen Anpassungen der Kritik an, die über die ganze Tradition der Aufklärung hin mit untereinander zusammenhängenden Begriffen wie „Standpunkt“, „Blickwinkel“, „Interesse“, „Zielsetzung“ und „Wertbesetzung“ zutage treten. All diese keineswegs neutralen Akkommodierungen werfen einen schwierig abzuklärenden Zusammenhang mit dem auf, was sie selbst als „Parteinahme“ gelten lassen. In der Frankfurter Version der Kritischen Theorie erlegt das emanzipatorische Projekt dem philosophischen und dem wissenschaftlichen Denken solch eine parteiergreifende Perspektive auf:

So bildet die Veränderung des Bestehenden den Aspekt, unter dem das aktive Individuum das Gegebene gruppiert und zur Theorie konstruiert. Die Theorie ist in ihren Verfahrensweisen und Kategorien sowie in ihrem Wandel nur im Zusammenhang mit eben dieser Parteinahme begreiflich, die selbst noch jenen gesunden Menschenverstand und seine Welt enthüllt. Das richtige Denken hängt ebenso sehr vom richtigen Wollen ab wie das Wollen vom Denken. (Horkheimer, 1968, 112)

Es ist dieser Zusammenhang, auf den sich das Bemühen konzentriert, den eben umschriebenen Aspekt argumentativ mit dem Charakter des nicht Subjektiven, nicht Zufälligen, d.h. letztlich streng Vernünftigen zu begründen.8 In einer der ausgereiftesten Formulierungen Horkheimers und Adornos (mit der sich ihr Hegelbezug abermals bestätigt) wird dies Postulat ihrer Kritik als vollständiges Gegenteil der von ausmessender Ermittlung bestimmten Herangehensweise vertreten, die die Beispiele positivistischer Empirik und positivistischer Epistemologie auf der Gegenseite so beherrschend prägt:

Solche Kritik aber bedeutet nicht Subjektivismus, sondern die Konfrontation des Gegenstandes mit seinem eigenen Begriff. Das Gegebene gibt sich nur dem Blick, der es unter dem Aspekt eines wahren Interesses sieht, unter dem einer freien Gesellschaft, eines gerechten Staates, der Entfaltung des Menschen. Wer die menschlichen Dinge nicht an dem mißt, was sie selbst bedeuten wollen, der sieht sie nicht bloß oberflächlich, sondern falsch. (Institut für Sozialforschung, 1974, 18)

Dieses „ausmessende Ermitteln“ entwickelt sich zum Kernbestand eines kritischen Denkmodells, das auf theoretischer Ebene die Zielsetzungen gesellschaftlich transformierenden Handelns durchleuchtet. Es spiegelt die inneren Strukturen jeweiliger Gegenwart wider und kontrolliert dabei, inwieweit deren Elemente das erfüllen, was ihr inhaltlicher Sinn zu „versprechen“ vorgibt. Dementsprechend ist es auf die Feststellung von Missverhältnissen und Verkehrtheiten aus. Der eben genannten Vorgabe folgend, „messen“ wir also die uns umgebenden Lebensverhältnisse danach aus, was sie zu bedeuten behaupten, wie wir auch die Formen von Sozialverhalten und Solidarität, von Demokratie und Kommunikation, sogar von Menschlichem und Natürlichem auf der Grundlage dessen „vermessen“, was diese Lebensumstände dafür ausgeben. Marx errichtete im Kapital seine „Kritik der Politischen Ökonomie“ auf der Grundlage einer solchen aufklärerischen Überprüfung des ersten Begriffspaars, die sich die „Frankfurter Schule“ mit ihren Analysen zu Autorität und autoritärer Herrschaft, späterhin mit ihrer Konzentration auf Themen der Massenkultur und ebenso mit Habermas‘ Kritik an der Schrumpfung des Öffentlichen und öffentlichen Raums mit Blick auf das zweite Begriffspaar zunutze macht und die Psychopedis schließlich mit Bezug auf das dritte Begriffspaar verallgemeinert und aktualisiert: Die ihm am Herzen liegenden Beispiele wurzeln in der Tat in Sachverhalten, die mit Problemen der jüngsten Geschichte in Zusammenhang stehen und ein dominantes Ausmaß an Irrationalität sichtbar werden lassen, wie etwa die ökologischen (und damit immer auch sozialen) Auswirkungen einer extremen Ausbeutung natürlicher Ressourcen oder die inhumanen Folgen von Körpervermarktung und Organhandel. (vgl. z.B. Psychopedis 2005.2, 528 ff.)

Negation

Desungeachtet stellt die kritische Untersuchung der Beziehung zwischen Sinn und realer Umsetzung der Demokratie, d.h. einer Beziehung zwischen Inhalt und Form das am meisten im Mittelpunkt stehende und ständig wiederkehrende Beispiel für die Behandlung einer in sich widersprüchlichen Gegebenheit dar.9 Es geht dabei nicht nur um einen Widerspruch zwischen „Sein und Nichtsein“ im Rahmen einer Kritik schlechthin an Formen des demokratischen Systems und demokratischen Lebens, die auf ihre Kompatibilität mit dem Sinngehalt der Demokratie hin untersucht werden. Denn einerseits „passen“ die meisten Ausformungen heutiger staatlicher Systeme und gesellschaftlich-politischer Beziehungen in die Demokratie so hinein (will sagen: sind möglich unter ihrem für die Moderne selbstverständlichen Emblem), andererseits ist es aber unerlässlich, die Überschreitung ihrer Grenzen im Auge zu behalten: man denke beispielsweise an den Übergang von der Demokratie der Weimarer Republik zum Nazi-Regime. Eine real existierende Demokratie stellt indessen einen Widerspruch in sich auch deshalb dar, weil in ihr die Beziehung zwischen ihrer formellen Verfasstheit und den realen Lebensumständen einer kritischen Betrachtung unterzogen wird (parlamentarisches System und autoritärer Alltag, autoritäre und von Amts wegen totalitäre Verwaltung), eine Beziehung also zwischen unterschiedlichen Formen oder besser gesagt Aspekten der Form. An dieser Beziehung lässt sich das genuin widersprüchliche Wesen der bürgerlichen Erscheinungsform, Existenz und Entfaltung der Demokratie ablesen, das auf nur beschränkte Möglichkeiten der Gewährleistung von Gleichheit verweist.

Bei ihrer dialektischen Überprüfung auf dem Wege einer „Konfrontation des Gegenstandes mit seinem eigenen Begriff“ nimmt die Demokratie noch aus einem weiteren Grund eine Sonderstellung ein. Die kritisch-philosophische Beschäftigung mit der Demokratie als Grenz-Gegebenheit ist auch aufgrund der Art ihrer Definition geboten: In erster Linie erfolgt diese nicht in Form positiver Umschreibung, sondern als negative Grenzsetzung, als das, was sie nicht ist. Und das erfolgt explizit auf der Ebene einer praktischen Intervention, d.h. jenes Verhaltens, das laut Horkheimer den eigentlichen Inhalt der Kritik darstellt. (Horkheimer, 1970.1, 27) Die Demokratie ist eine Bedingung, die wir gegen ihren Widerpart, die Barbarei verteidigen – wir halten uns an sie als Anti-Antidemokratie. Dies ist die kritische Haltung in der Tradition, über die wir hier reden und deren methodologisches Hauptwerkzeug die bestimmte Negation ist. So formuliert auch Psychopedis, der die bestimmte Negation zum „Standpunkt“ der Kritik erklärt. (Psychopedis, 1996, 414) Im Übrigen ist die „Kritische Theorie“ insofern von Anfang an negativ definiert, als „die kritische Gesellschaftstheorie als ganze ein einziges entfaltetes Existenzialurteil“ darstellt (Horkheimer, 1970.1, 44): sie ist ein Urteil über das, was nicht unabdingbar ist und nicht so sein müsste, wie es ist, etwas, was verändert werden muss und verändert werden kann, zumal dieser Wandel zu dem gehört, „was an der Zeit ist“. (Horkheimer, 1970.1, 62)

Aus diesem Zusammenhang, der unter direktem Bezug auf Marx‘ Kritik der Politischen Ökonomie (und die dort wiedergegebene dialektische Darstellung widersprüchlicher Verhältnisse) erstellt ist, gehen sowohl die spätere Forschung von Horkheimer und Adorno, als auch diejenige hervor, die Psychopedis zu seinem so emphatischen Ausbau der Sphäre der Werte leitete. Somit findet sich das eine Ende der Gedankenkette bei der materialistisch-praktischen Ausdeutung des Gegensatzes zwischen Begriff und Sache, die zum Brennpunkt einer beharrlichen Kritik wird, welche sich nicht nur auf die Logik beschränkt, sondern zugleich auf die Inhalte abzielt. 1969 definiert Adorno als Nachhall seines Streits mit Popper über den Status der Sozialwissenschaft diese Doppelexistenz kurz und bündig wie folgt: “Logische Kritik und die emphatisch praktische, die Gesellschaft müsse verändert werden, allein schon um den Rückfall in Barbarei zu verhindern, sind Momente der gleichen Bewegungsrichtung des Begriffs“. (Adorno, 1971.1, 34) Wir nehmen wahr, dass die Eigenart dieses Arguments darauf beruht zu sagen, wieviel von der Aufhebung eines schädlichen Umstandes, der Abwendung des bedrohlichen Ausgangs einer Sache abhängt. Um zu seiner vollen Entfaltung zu gelangen, bedarf das Argument der Gegenüberstellung des Bedrohlichen mit dem Erstrebten als eigentlichem Inhalt der gegenläufigen Bedeutung. Diesem eigentlichen Inhalt sind wir – möglicherweise nur aphoristisch – in den allerersten Zeilen der Dialektik der Aufklärung begegnet. Im Vorwort von 1947 wird das angestrebte Ziel des legendären Werks in folgendem Satz umrissen:“Was wir uns vorgesetzt hatten, war tatsächlich nicht weniger als die Erkenntnis, warum die Menschheit, anstatt in einen wahrhaft menschlichen Zustand einzutreten, in eine neue Art von Barbarei versinkt“ (Horkheimer/Adorno, 1971, 1). „Die Ausformung des obigen Satzes“, formuliert Psychopedis in seinem Nachwort, „die grammatikalisch auf ein ‚anstatt‘ zurückgreift, verweist auf einen Wert innerhalb der Theorie, der nicht positiv gesetzt wird, deren Spur aber an der Negation der real existierenden positiven Wirklichkeit, der neuen Barbarei abzulesen ist“. (Psychopedis, 1996, 412-413) Das „anstatt“ wird innerhalb der Terminologie Psychopedis‘ mit einem „wie es eigentlich sein müsste“ ersetzt, was ihm erlaubt, anhand der bestimmten Negation (ergänzt durch den Baustein eines „wie es nicht hätte sein dürfen“) den Übergang von einer immanenten logisch-praktischen Kritik zum positiven Anspruch an den eigentlichen Gegenstand und zu einer Harmonisierung von Form und Inhalt zu vervollständigen. Auf den Spuren Adornos, der Neutralität unter positivistischen Vorzeichen verwirft, verteidigt Psychopedis die Möglichkeit objektiver Bewertungen aufgrund von Verhältnissen und betrachtet Sätze, in denen auf die Beschreibung eines verkehrten Zustandes keine Beurteilung im Sinne eines „wie es nicht hätte sein dürfen“ folgt, als „wissenschaftstheoretisch unvollkommen“ – ein Urteil, das zu analoger Bewertung eines Handelns führt, das den verkehrten Zustand im Lichte eines „wie es sein sollte“ beseitigt. (Psychopedis, 1994, 554)

In diesem Sinne zeigt Psychopedis an einem überhaupt nicht zufällig gewählten Beispiel, dass in der Marx‘schen Werttheorie Erklärung und Bewertung Hand in Hand gehen; dass der Begriff „Ausbeutung“ neben seiner Beschreibung eines existierenden Sachverhalts auch die Forderung nach der Aufhebung des mit ihm beschriebenen Bezugsverhältnisses beinhaltet. Und er zeigt genau, dass diese Forderung nicht von außen herangetragen worden ist; vielmehr „ergibt sie sich aus der Analyse des Arbeitsprozesses, also der Arbeitsteilung (d.h. der Textur, die die Gesellschaft zusammenhält) als eines Prozesses in wesentlich solidarischer und kooperativer Abhängigkeit, bei dem es um den Fortbestand des gesellschaftlichen Lebens geht […]. Die Analyse umfasst die Forderung nach Aufhebung der verkehrten Form […], eine Forderung, die sich als Kritik an den real existierenden gesellschaftlichen Verhältnissen und solchen wissenschaftlichen Begriffen artikuliert, die sie als Formen positiver Existenz konzipieren“. (Psychopedis, 1994, 554-555) Der Gesamtimpetus der Argumentation, die ihren Anfang in der Verortung eines widersprüchlichen Verhältnisses nimmt, lässt die Abklärung dieser ambivalenten Gefährdung in eine Forderung an die Praxis münden: aus der Gegenüberstellung Arbeitsprozess (als Dimension des Inhaltlichen) vs. Privateigentum (als Dimension der Form), „aus dem Gegensatz Form vs. Inhalt ergeben sich wertorientierte Forderungen nach der Aufhebung entfremdender Formen“ (Psychopedis, 1994, 556) bzw. „negative Werte“, „die durch emanzipatorisches Handeln realisiert werden müssen“. (Psychopedis, 1996, 441)10

Es handelt sich dabei um eine Stoßrichtung, die Adorno in seiner Erwiderung auf Popper mit eigener Terminologie beschrieben hat. Sie wurzelt in einem negativen Existentialurteil, das das Nichtvorhandensein wesentlicher Grundvoraussetzungen für ein „humanes Dasein“, Perversion der Rahmenbedingungen des gesellschaftlichen Lebens,11 ja, eine Existenzbedrohung der Mitglieder der Gesellschaft selbst, mit anderen Worten „ein Problem im emphatischen Sinn“ konstatiert. (Adorno, 1972.2, 128 f.) Die Lösung ergibt sich aus einer Kritik als ein „ganz Anderes“, das sich das Denken als Möglichkeit vorstellen soll -„sich vorzustellen, was noch nicht ist“ (Adorno, 1972.1, 62)- und das von der „bestimmten Negation“ als „Sollen“ nahegelegt wird. In diesem Sinne ist die Lösung weder willkürlich-beliebig, noch geht sie auf eine subjektive Entscheidung zurück, noch stellt sie etwas Irrationales dar. Sie resultiert aus der „Sache“ selbst, „die nicht das ist, was sie zu sein beansprucht“ (Adorno, 1972.2, 135), und geht damit aus dem widersprüchlichen Charakter der gesellschaftlichen Wirklichkeit hervor, der in unserem Urteil über diese Wirklichkeit festgehalten wird. Ganz im Einklang mit Adornos exzeptioneller Formulierung: „Jenes Urteil ist, in der Sprache der Philosophie, eines der Sache über sich selbst; ihre Brüchigkeit zitiert es herbei“. (Adorno, 1972.2, 139)

Werte

Was Qualität und Beschaffenheit der Wegstrecke betrifft, die vom Problem bis zu seiner Lösung führen soll, legen Adorno wie Psychopedis ihre Emphase auf einen nicht willkürlich-beliebigen Charakter ihres Endes, auf eine Entwicklung des „Sollen“ aus der Widersprüchlichkeit und immanenten Unvollkommenheit der Sache selbst, also auf das, was Psychopedis die „Axiogenese (Entstehung der Werte)“ nennt.12 Der Prozess der Axiogenese verweist aber auch auf ein anderes zentrales Motiv der Kritischen Theorie, präsent in beiden Versionen, von denen wir hier reden: ihre Abhängigkeit vom historischen Zusammenhang. Was möglich ist und nicht verwirklicht wird, was aufgrund seiner Voraussetzungen dem Gesellschaftsgefüge abverlangt werden kann, aber auch das, was in bestimmten Zusammenhängen in Gefahr gerät: all das hängt von den historischen Gegebenheiten ab.13

Wir bewegen uns hier auf dem vertrauten Boden der Marx‘schen Kritik an der Asymmetrie zwischen den Produktionsverhältnissen und den Möglichkeiten, die die Entwicklung der Produktionsmittel bietet. Diese Kritik konkretisiert sich, sowohl auf Seiten der Begründer der „Kritischen Theorie“ als auch auf Psychopedis‘ Seite in der Kritik an den immanent irrationalen, anachronistischen und einschränkenden Bedingungen, die die Entfaltung des Potentials an Kooperation und Denkvermögen behindern und es nicht zulassen, Rahmenverhältnisse (= Formen) gesellschaftlicher Weiterentwicklung zu schaffen, die mit den Projekten (= Inhalten) der Aufklärung korrespondieren. Ausgehend von der Notwendigkeit der Beseitigung dieses Hindernisses resultiert hieraus mit den Mitteln der Negation eine „sozialistische Axiogenese […], eine Teleologie verbindlich gesetzter Zielsetzungen – sowohl für die Theorie, als auch für die arbeitende Klasse – zur Aufhebung der vorhandenen Gesellschaftsform, eine Teleologie konstitutionell für die Analyse der Mechanismen kapitalistischer Reproduktion“. (Psychopedis, 1997.3, 202)

Beim Übergang von den bedrohten Bedingungen zu den Werten, wird die Begründung der Möglichkeit der Umsetzung dieser Zielvorgabe, bzw. der Erhebung entsprechender Postulate, historisch. Die Begründung hängt davon ab, ob jenes „was an der Zeit ist“ das Heute und Jetzt betrifft: „Die Voraussetzungen für eine Verwirklichung des Werte-Aspekts […] lassen sich nur als bedrohte Bedingungen des gesellschaftlichen Lebens oder aber als Bedingungen der Vereitelung dieser Gefährdung im historischen Jetzt definieren“. (Psychopedis, 1997.3, 206) Wenn einerseits Historizität und historische Begründung von Werten, samt einem durch bestimmte Negation vermittelten Hervortreten diese Werte den gemeinsamen zentralen (marxsch geprägten) Kern der beiden hier von uns untersuchten Versionen der Kritischen Theorie abgeben, so stoßen wir andererseits auf von Psychopedis in seinen Arbeiten bereitgestellte Dimensionen eines wertbestimmten Rahmengefüges, die sich – zumindest bis zu einem bestimmten Grad – von den Analysen Adornos unterscheiden. Die erste dieser Dimensionen ist der emphatische Nachdruck, den Psychopedis auf epistemologische Folgen der Wertkonstitution legt. In diesem Punkt auf gewisse Weise „hegelianischer“ als Adorno siedelt Psychopedis die Sphäre der Werte gleich im Methodischen an. Ihm zufolge werden beim Prozess der Begriffsdarstellung zum einen die Formen rekonstruiert, die das Gesellschaftliche annimmt, zum anderen die Gründe für die Dominanz einer jeden spezifischen Form kritisch beleuchtet. So werden für eine solche Form „Kriterien der Wertsetzung und ihrer Überschreitung“ zusammengestellt (Psychopedis, 1994, 546 ff.), die, wie wir gesehen haben, auf emanzipatorische Zielsetzungen der Philosophie und der Politik verweisen. Das Ergebnis ist keine bloße Zusammenstellung kritischer Sichtweisen, die die Beschreibung von Um- und Zuständen mit ihrer Bewertung ergänzen, sondern von ganzen „Epistemologien“, „die den Anspruch stellen, Methoden der Erschaffung bindender Werte zu bieten“. (Psychopedis, 1994, 554)

Die bereits der Methode eingeschriebene kritische Haltung geht auf diese Weise der kritischen Überprüfung voran und führt damit eine „Radikalisierung“ der Frankfurter Herangehensweise ein – und dies teilweise in Analogie zu Habermas‘ Intervention gegen Parsons aus Anlass der Diskussion um das Thema der Wertfreiheit (Habermas, 1965, 74 ff.).14 Dementsprechend emphatischer sind die Verbindlichkeit und Universalität, die Psychopedis den methodisch erstellten Wertegefügen beimisst.15 Im Verlauf seiner fortwährenden Konfrontation mit dem, was er bei anderen Strömungen als irrationale Schlussfolgerung beurteilt, gerät seine Emphase zunehmend intensiver. So wird bezeichnenderweise seine Formulierung über das Wirkliche als „empfänglich für Wertsetzung und Kritik“ (Psychopedis, 1994, 548 – kursiv Gesetzes von mir) durch folgende weitaus schärfere Formulierung ersetzt: „Die menschliche Wirklichkeit ist ein wertebezogenes Gefüge“. (Psychopedis, 2005.3, 538 – kursiv Gesetzes von mir) Bei dieser Formulierung wird, angesichts der Polemik gegen jede Art von Relativismus und Unbestimmtheit, die Gefahr funktionalistischer Fehlinterpretation unterschätzt– eine Gefahr, die aber sicherlich durch die Hervorhebung der Vokabel „menschlich“ und der Regeln abgemildert wird, deren Setzung, Bewahrung bzw. Überschreitung die historische Existenzweise von Werten in gesellschaftlichen Verhältnissen ausmacht. Der Unterschied zu Adornos Position ist im vorliegenden Endzusammenhang beträchtlich, da dieser – im historischen Rahmen seiner eigenen theoretischen Kontroversen mit Repräsentanten einer vornehmlich angelsächsischen Version der Sozialwissenschaften – die Gefahr für kritisch hält, in bloßem Funktionalismus zu enden, und deshalb klar auf Abstand zu dem achtet, was er als Wertefetischismus bezeichnet:

Darauf zielte die These von der Verdinglichung des Wertproblems: daß die sogenannte Werte, seien sie nun als aus den Sozialwissenschaften zu Eliminierendes oder als deren Segen angesehen, zum Selbständigen, quasi Ansichseienden erhöht werden, während sie das weder real geschichtlich noch als Kategorien der Erkenntnis sind. Der Wertrelativismus ist das Korrelat zur absolutistischen Apotheose der Werte: sobald sie, aus der Willkür und Not des erkennenden Bewußtseins heraus, dessen Reflexion und dem geschichtlichen Zusammenhang entrissen werden, in dem sie auftreten, verfallen sie eben der Relativität, die ihre Beschwörung bannen möchte. (Adorno, 1972.1, 73-74)

Was in Adornos Version für sicheren Abstand zur Tendenz zu fetischisieren sorgt (der ja der Wertbegriff leicht unterliegt) ist wieder die Historizität, diesmal aber als praktisch-reale Dimension. Dasjenige, so unterstreicht er, „was der historischen Erinnerung, nachträglich, zu Werten gerinnt, sind in Wahrheit Fragegestalten der Realität” (Adorno, 1972.1, 74).16 Demnach durchaus in Gegensatz zur ideologisch dominanten Gesellschaftstheorie, die jede gesellschaftliche Struktur als einen in sich geschlossenen Zusammenhang präsentiert, der auf dem Fundament gemeinsamer, miteinander verbundener Werte aufbaut, beharrt Adorno darauf, die Projektion geschichtlich und sozial zutagetretender Anforderungen auf Werte, als defizitäre Abbildung zu kritisieren.17

Alles in allem weist das vorgetragene Argumentationsgefüge eine gemeinsame Stoßrichtung auf: die Bewahrung und Verteidigung des aufklärerischen Projekts trotz und jenseits seiner „Dialektik“. Darauf zielt der Verweis auf die Werte ab, die auf diese Weise zu einer Bedingung der Vernunft (Adorno, 1972.1, 73), zur substantiellen Bedingung kritischer Betrachtung und Beurteilung geraten. Und um dieser Bedingung willen äußern Adorno und Psychopedis, dass „ihre Zeit“ gekommen sei – negativ, damit eine Rückkehr in die Barbarei verhindert wird, positiv, damit die Voraussetzungen für einen „wahrhaft menschlichen Zustand“ geschaffen werden, wie sie die bürgerliche Revolution konstitutiv verkündet hatte. Wenn also die Irrationalität, die in den 1940er Jahren die theoretischen Auschwitz-Apologeten und später in unserer postdiktatorischen Realität Spielarten des Dezisionismus, des Kommunitarismus oder der Zuflucht ins Phantastische alimentiert hat und weiter alimentiert, mit geschichtlichen und sozialen Gegebenheiten erklärt wird, die sie groß werden ließen, dann macht der Kampf gegen sie praktische Werturteile erforderlich. Wenn, um mit Psychopedis zu sprechen, „sich die Macht irrationaler Theorien eben auf die Ohnmacht der entwickelten bürgerlichen Gesellschaft gestützt hat, das, wofür sie theoretisch eintrat, politisch auch umzusetzen,“ (Psychopedis, 1997.2, 59) und „wir Irrationalität eindeutig auf strukturierte geschichtliche Zustände zurückführen können, die für das einzelne Glied der Gesellschaft immer von neuem Würdelosigkeit, Abhängigkeit und Gefährdung aufkommen lassen“ (Psychopedis, 2002, 18), dann geht eine wirklich geschichtsorientierte Ausrichtung rationalen Verhaltens eine Verbindung mit jener Transformation ein, die oben aus der Verifizierung eines Bedrohungszustands bzw. einer Pervertierung anlässlich der praktisch-realen Forderung nach ihrer Beseitigung und nach einer Korrektur der gesellschaftlichen Lebensbedingungen abgeleitet und beschrieben worden ist.

Stete Rationalität hat die Hierarchisierung und Priorisierung von Werten zur Voraussetzung. Was garantiert uns, dass diese Hierarchisierung nicht in Relativismus und Beliebigkeit mündet? Die Antwort, die auf diese Fragestellung gegeben werden kann, verweist auf die verbindliche Unumkehrbarkeit der Zusammenhänge, die seit dem 16. Jh. bis heute in der gesamten Menschheit entstanden sind. Diesen Zusammenhängen entsprechend gibt es einen Raster aus Grundwerten, der für die Werte der Moderne, d.h. für die Bewahrung des Lebens, für Freiheit und Gleichheit, für Gerechtigkeit und Würde inmitten von Gesellschaften steht, die von Egoismus und Konkurrenz geprägt sind. (Psychopedis, 2002, 19). An dieser Stelle hat die Verteidigung der Aufklärung ihren Ort.

Zusammenfassung

Ausgebildet im Umfeld Adornos und der Frankfurter Schule, machte sich Kosmas Psychopedis seit seiner Studienzeit und den Jahren erster Universitätstätigkeit in Deutschland die spezifische „kritische Haltung“ zu eigen, die diese Schule kennzeichnet, und entwickelte ein Kreis philosophischer und sozialwissenschaftlicher Forschungen, mit dem er – besonders nach seiner Rückkehr 1981 – Einfluss auf die Formung und Gestaltung des akademischen und darüber hinaus politischen Ambientes in Griechenland nahm. Mit großer Beharrlichkeit wies er auf die Bedeutung einer „den Begriffen innewohnenden Politik“ hin, engagierte sich in einem ebenso systematischen wie leidenschaftlichen Kampf für eine theoretische und zugleich praktisch-interventionistische Arbeit zur Sicherung der politischen und gesellschaftlichen Maßstäbe, die die Aufklärung propagiert und marxsche Kritik wie zeitgenössische Realität als gefährdet hervorgehoben hatten. In Verfolg dieses Ziels nutzte Psychopedis den gesamten Begriffsapparat, den ihm die „Kritische Theorie“ insbesondere in Adornos Ausprägung bereitstellte, wobei er manche Positionen auf der Grundlage zusätzlicher eigener Thesen vorwiegend kantianischer Provenienz ergänzte und neuinterpretierte. Auf diese Weise erweiterte er das Kerngefüge der Frankfurter Problemsetzung, die auf einem Konzept von Kritik als „Verhalten“ und als eine auf bestimmte Negation begründete Praxis fußt; damit verschärfte und verallgemeinerte er zugleich den Anspruch auf eine wertorientierte Theorie. Diese Intensivierung verleiht der vorliegenden Version der „Kritischen Theorie“ eine spezifische Färbung, die sie bis zu einem gewissen Grad von derjenigen Adornos abhebt und ihr gleichzeitig ermöglicht, mit zeitgenössischen normativen Theorien ins Gespräch zu kommen. Vor allem aber fordert Psychopedis‘ Schaffen aufgrund seiner besonderen Ausrichtung dazu auf, die irrationalen Elemente relativistischer Denkmodelle zu überprüfen, die in den letzten Jahrzehnten in Griechenland, aber auch in Deutschland reüssiert haben.

Übersetzung aus dem Griechischen: Joachim Winkler

Einzelnachweise

  1. Die „Kritische Theorie“ nimmt ausdrücklich und a priori für sich in Anspruch: „Insofern bewahrt die kritische Theorie über das Erbe des deutschen Idealismus hinaus das der Philosophie schlechthin“ (Horkheimer, 1970.2, 58).
  2. In allen Studien aus den ersten beiden Jahrzehnten seit Gründung der Schule verfolgt die theoretische Überprüfung eines Themas und der historische Rückblick auf dieses Thema eine Linie, die dessen philosophischen Ursprung zumeist bis Descartes zurückverfolgt, dann (mit einem nicht der damaligen Marxrezeption entsprechenden Modus) die Kritik Kants und die Hegelsche Dialektik als zwei ihrer Gipfelpunkte erreicht, um schließlich in ihrer endgültigen Ausprägung bei Marx anzulangen. Was danach folgt (wobei die Weber‘schen Ausarbeitungen den Ausgangspunkt bilden), erscheint in der Regel als en Verfall der theoretischen Problematik, der mit kritisch-bedrohlichen Entwicklungen in Politik und Gesellschaft einhergeht.
  3. Titel eines Artikels sowie eines Sammelbandes aus seiner Feder (s. Psychopedis 1997.1).
  4. S. dazu insbesondere die Texte Psychopedis (2002) und Psychopedis (1997.2.) Zur Kritik an weiteren Spielarten des Marxismus s. die bezeichnende Äußerung zu Althusser, die in Psychopedis (1994, 556 u. 562 (Fn. 18)) enthalten ist; entsprechend auch Psychopedis (1997.3, 202).
  5. In Psychopedis‘ Werk fällt ein besonderes Interesse an der Auswertung philosophischer Konzepte und Bedeutungsgebungen in der Tradition Kants (und auch Hegels) jenseits dessen auf, was die Frankfurter Schule mit ihrem kantianisch überdeterminierten Marxismus sichtbar werden lässt. Ebenso offenkundig ist sein Interesse an erneuter Würdigung der philosophischen Hypothesen, die im Zusammenhang mit den großen methodologischen Kontroversen Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts zur Diskussion gestellt worden waren. Auch hier geht er über diesbezügliche Formulierungen Adornos in dessen Auseinandersetzung um den Positivismus hinaus.
  6. Charakteristisch der Stil, aber auch der Titel des Horkheimer‘schen Textes (Horkheimer, 1968).
  7. S. das curriculum vitae, das er selbst seiner Dissertation im Anhang beifügt (Psychopedis 1973, 115).
  8. Dass dieser Aspekt keineswegs willkürlich, sondern explizit vernünftig ist, zählt zu dem in Psychopedis‘ Argumentation konstant Vorausgesetzten – auch in diesem Punkt einer frühen Spielart der „Kritischen Theorie“ nahestehend, die sich selbst von folgender eigentümlicher Grundlage aus definiert: “Die Kritische Theorie hat […] keine spezifische Instanz für sich als das mit ihr selbst verknüpfte Interesse an der Aufhebung des gesellschaftlichen Unrechts. Diese negative Formulierung ist […] der materialistische Inhalt des idealistischen Begriffs der Vernunft“ (s. Horkheimer, 1970.1, 56).
  9. Diesem Gegenstand der Kritik geht auch mein Beitrag zu dem Psychopedis gewidmeten Sammelband nach (s. Kouzelis, 2008, 310 ff.).
  10. Die „Negativität“ von Werten, die sich aus diesem Vorgehen ergeben, kann auch bei neukantianischen und phänomenologischen Denkansätzen gefunden werden, auf die Psychopedis bei seinen Untersuchungen zum Thema „Aufhebung eines Unwerts“ verweist (s. z.B. Psychopedis, 2005.1, 313).
  11. „Rahmenbedingungen gesellschaftlichen Lebens“ ist eine Formulierung, auf die Psychopedis in diesem Zusammenhang am häufigsten zurückgreift. So fasst er in einem seiner letzten Texte die Wertethematik wie folgt zusammen: „Die Ansprüche, welche die Epistemologie an die Sphäre der Werte binden, reflektieren ein weiteres Mal das Begriffsgefüge gesellschaftlichen Lebens, das von der Gesellschaftsform selbst und von einem Handeln bestimmt ist, das angesichts eines Bedrohungszustandes Anpassungskorrekturen vornimmt oder auch Widerstand gegen eine Gefährdung der Lebensbedingungen leistet. […] Gesellschaftskrise bedeutet, dass die Bedingungen gesellschaftlichen Lebens in dieser Gesellschaft verletzt sind, und zwar durch die Form der Gesellschaft selbst. Soziale Werte ergeben sich aus einem Wandlungsprozess des Bewusstseins für die Gefährdung der Lebensbedingungen, der in Ideologien und Handlungsweisen mündet, die diese Gefährdungen abzuwenden vermögen (Psychopedis, 2005.2, 530). Entsprechend s. Psychopedis (2005.3, 541 ff.) sowie Psychopedis (1997.1, 29): „Gesellschaftliche Verhältnisse können als Gefüge aufgefasst werden, das die funktionalen Bedingungen gesellschaftlichen Lebens gewährleistet, den im Bedrohungsfall zu bewahren und nachzubessern für die in ihm Handelnden den Rang eines Wertes besitzt. Diese Bedingungen können wir ebenso als Praxis auffassen, das Verhältnis zwischen ihnen als ständigen Übergang von der Bedingung zum Wert.“
  12. Karydas und Faraklas fassen den Gang der Argumentation einleuchtend zusammen: „Ich stelle die Forderung nach der Gewährleistung einer Bedingung für die Reproduktion der Gesellschaft, die durch sich selbst bedroht ist – also nach dem, was Psychopedis „Axiogenese“ nennt –, will sagen, dass ich die Gesellschaft so verändern will, dass diese Drohung aufhört, latent im Raum zu stehen. Diese Umformung ist nichts aus der Luft Gegriffenes: sie verändert die Gesellschaft zu dem, was sie sein sollte“ (Karyklas/Faraklas, 2009, 64).
  13. Psychopedis (2005.2, 530-531) merkt dazu an: „Die Werte bewahren stets die Spur ihrer Herkunft in sich. […] Die Dimension der Geschichtlichkeit […] durchzieht alle Prozesse der Axiogenese.“
  14. Habermas lastet dort der von Parsons beigebrachten Interpretation der Weber‘schen Theorie an, dass sie nicht das gestalterisch-modulatorische Element der Methode selbst und die Auswahl des Gegenstands wissenschaftlicher Untersuchung aufgrund seiner „Wertebeziehung“ erfasst hat.
  15. Zu diesen Fragen s. Lavranou (2008, 325 ff.) und die Beiträge zu diesem Band insgesamt; in ihm kommen alle wesentlichen Positionen zur Sprache, die Kosmas Psychopedis in seinem Werk vertritt.
  16. Kursiv Gesetztes von mir. Wir wissen um die Wichtigkeit „rekurrenter Konstruktion“ sowohl aus dem französischen Szientismus wie aus der kürzlichen philosophischen Debatte um Rechte als Ausdruck verfestigter Machtkonstellationen.
  17. Sein Beispiel ist die Forderung nach Beseitigung des Hungers in einer Gesellschaft, deren verfügbare bzw. absicherbare Ressourcen dies erlauben, sofern ein entsprechender Eingriff in die Produktionsverhältnisse erfolgt (ebd.).

Verwendete Literatur

Διαλεκτική του διαφωτισμού
Theodor W. Adorno (Autor*in), Max Horkheimer (Autor*in), Λευτέρης Αναγνώστου (Übersetzer*in)
1996
Der neueste Angriff auf die Metaphysik
Max Horkheimer (Autor*in)
1968
Diskussion über Wertfreiheit und Objektivität
Jürgen Habermas (Autor*in), Otto Stammer (Herausgeber*in)
1965
Eine diskursanalytische Reflexion auf das Tranferfeld deutscher Philosophie in Griechenland
Dimitris Karydas (Autor*in, Herausgeber*in), Jannis Pissis (Herausgeber*in)
2018
Einleitung
Theodor W. Adorno (Autor*in, Buchautor*in), Ralf Dahrendorf (Buchautor*in), Harald Pilot (Buchautor*in), Hans Albert (Buchautor*in), Jürgen Habermas (Buchautor*in), Karl R. Popper (Buchautor*in)
1972
H νεώτερη επίθεση κατά της μεταφυσικής
Max Horkheimer (Autor*in), Γεράσιμος Kουζέλης (Herausgeber*in), Λευτέρης Αναγνώστου (Übersetzer*in), Άρης Κουτούγκος (Übersetzer*in), Παύλος Χριστοδουλίδης (Übersetzer*in), Βασίλης Κάλφας (Übersetzer*in), Χλόη Μπάλλα (Übersetzer*in), Αιμίλιος Μεταξόπουλος (Übersetzer*in), Στάθης Μπάλιας (Übersetzer*in)
1993
Nachtrag
Max Horkheimer (Autor*in)
1970
Spontaneität und Gesetz. Zur Methode der Kantschen Sozialphilosophie
Kosmas Psychopedis (Autor*in)
1973
Traditionelle und kritische Theorie
Max Horkheimer (Autor*in)
1970
Wissenschaftliche Erfahrungen in Amerika
Theodor W. Adorno (Autor*in)
1969
Απαξιωτικοί και πρακτικοί όροι της κοινωνικής δράσης
Κοσμάς Ψυχοπαίδης (Autor*in)
2005
Γένεση και εγκυρότητα. Παρατηρήσεις για μια έννοια “δεσμευτικής ιστορικότητας” στις κοινωνικές επιστήμες
Αλίκη Λαβράνου (Autor*in, Herausgeber*in), Μανώλης Αγγελίδης (Herausgeber*in), Στέφανος Δημητρίου (Herausgeber*in)
2008
Γνώση και διαφέρον
Jürgen Habermas (Autor*in), Γεράσιμος Κουζέλης (Herausgeber*in), Κοσμάς Ψυχοπαίδης (Herausgeber*in)
1994
Η απειλή της κοινωνικής συνοχής και το πρόβλημα του συντονισμού των αξιών στον σύγχρονο κόσμο
Κοσμάς Ψυχοπαίδης (Autor*in)
2005
Η αυταρχική θεωρία και το πρόβλημα των αξιών (C. Schmitt)
Κοσμάς Ψυχοπαίδης (Autor*in)
2005
Η διαλεκτική του ορθού λόγου και οι αντινομίες της κριτικής του
Κοσμάς Ψυχοπαίδης (Mitarbeiter*in), Max Horkheimer (Autor*in), W. Theodor Adorno (Autor*in), Λευτέρης Αναγνώστου (Übersetzer*in)
1996
Κατευθύνσεις και όρια της θεμελίωσης της κριτικής στο έργο του Χορκχάιμερ
Γεράσιμος Κουζέλης (Autor*in), Μανώλης Αγγελίδης (Herausgeber*in), Στέφανος Δημητρίου (Herausgeber*in), Αλίκη Λαβράνου (Herausgeber*in)
2008
Κονδύλης και Ψυχοπαίδης: Η διαμάχη για τον σχετικισμό στη σύγχρονη ελληνική φιλοσοφία
Δημήτρης Καρύδας (Autor*in), Γιώργος Φαράκλας (Autor*in)
2009
Παραδοσιακή και κριτική θεωρία
Max Horkheimer (Autor*in), Αντώνης Οικονόμου (Übersetzer*in), Ζήσης Σαρίκας (Übersetzer*in)
1984
Πολιτική μέσα στις έννοιες
Κοσμάς Ψυχοπαίδης (Autor*in)
1997
Προβλήματα θεμελίωσης των κοινωνικών επιστημών
Κοσμάς Ψυχοπαίδης (Autor*in, Herausgeber*in), Γεράσιμος Κουζέλης (Herausgeber*in)
1994
Σχετικά με τη λογική των κοινωνικών επιστημών
Theodor W. Adorno (Autor*in), Γεράσιμος Κουζέλης (Herausgeber*in), Κοσμάς Ψυχοπαίδης (Herausgeber*in)
1994
Το ανορθολογικό στοιχείο στην ελληνική θεωρητική σκέψη
Κοσμάς Ψυχοπαίδης (Autor*in)
2002
Υπάρχει θεμελίωση σοσιαλιστικών αξιών;
Κοσμάς Ψυχοπαίδης (Autor*in)
1997
Υπεράσπιση του ορθολογισμού
Κοσμάς Ψυχοπαίδης (Autor*in)
1997
Υστερόγραφο
Max Horkheimer (Autor*in), Αντώνης Οικονόμου (Übersetzer*in), Ζήσης Σαρίκας (Übersetzer*in)
1984
Κοινωνιολογία. Eισαγωγικά δοκίμια
Ινστιτούτο Κοινωνικών Ερευνών της Φρανκφούρτης (Autor*in), Theodor W. Adorno (Herausgeber*in), Max Horkheimer (Herausgeber*in), Διονύσης Γράβαρης (Übersetzer*in)
1988

Zitierweise

Gerasimos Kouzelis, »Von Frankfurt nach Athen: Wie Kosmas Psychopedis „Kritische Theorie“ liest«, in: Alexandros-Andreas Kyrtsis und Miltos Pechlivanos (Hg.), Compendium der deutsch-griechischen Verflechtungen, 09.02.2021, URI: https://comdeg.eu/compendium/essay/101729/.

Metadaten

Essaytyp Makrovorgang
GND-Referenz Psychopaidēs, Kosmas (123495954)
Lizenz CC BY-NC-ND 4.0
Sprache Deutsch, übersetzt aus dem Griechischen von Joachim Winkler

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